Newsletter 03-2011 des Instituts für Sexualpädagogik, Dortmund

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland stellt inzwischen eine gesetzliche und damit verpflichtende Grundlage für gesellschaftliches Handeln dar. Zwar heißt es in der Konvention, dass alle Menschen die gleiche Würde haben, jedoch wird das Menschenrecht auf Sexualität nicht erwähnt.

Ist die Konvention dennoch ein Dokument, das für sexuelles Leben von Menschen mit Behinderung ein Chance darstellt? Wie geht es voran mit der sexualitätsbezogenen Gleichberechtigung von Menschen mit Handicap innerhalb und außerhalb der Einrichtungen der Behindertenhilfe?

Wenn Sie an diesen Fragen interessiert sind, möchten wir Sie gerne auf unsere Veranstaltungen im Bereich "Sexualität und Behinderung" hinweisen.

Eine anregende Lektüre dieses Newsletters und einen schönen Jahresausklang wünscht Ihnen
Ihr Institut für Sexualpädagogik

Die Themen dieses Newsletters


Sexualität und Behinderung

Inklusion

Als eines der ersten Länder hat Deutschland 2007 das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung unterschrieben. Diese Publikation ist in verschiedenen Sprache, auch in leichter Sprache und in Gebärdensprache veröffentlicht worden:

UN-Konvention zum Thema Behinderung


Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales arbeitet nun verstärkt daran, die Ratifikation innerstaatlich voranzutreiben. Zentrales Anliegen ist die Umsetzung von Inklusion, was bedeutet, allen Menschen von Anfang an eine selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen.

Um in dieser Hinsicht vorbildlichen Projekten eine Plattform zu geben, ist auf den Seiten des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen eine "Landkarte der inklusiven Beispiele" eingerichtet worden.

Landkarte der inklusiven Beispiele

Auch sonst lohnt sich ein Blick auf die Website des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen:

Website Beauftragter der Bundesregierung

Das Deutsche Institut für Menschenrechte e.V. hat ein Online-Handbuch zum Thema Inklusion eingerichtet. Dieses bietet vielfältige Hintergrundinformationen z. B. zu den gesetzlichen Grundlagen sowie Materialien und Spiele für die Bildungsarbeit.

Online-Handbuch Inklusion

Vom gleichen Anbieter wurde auch eine Internetseite erstellt, welche die Rechte für Menschen mit Behinderung in einfacher Sprache darstellt:

Rechte in einfacher Sprache


"Ichbinwiedu"- isp-Fachforum zur sexualitätsbezogenen Begleitung von Menschen mit Handicap in Basel

Dieses Fachforum des isp richtet sich an MitarbeiterInnen in Einrichtungen der Behindertenhilfe in der Schweiz, Süddeutschland und Österreich und zielt auf eine grenzüberschreitende Vernetzung der Teilnehmenden.

Praxisnahe professionelle Begleitkonzepte werden vorgestellt, z. B. zur Partnerschaftsbegleitung, Sexualassistenz oder zum Umgang mit sexuell auffälligem Verhalten.

Das Fachforum findet am 16. März 2012 von 10-16 Uhr im hotel bildungszentrum 21 in Basel (CH) statt.

Weitere Informationen und eine Möglichkeit zur Anmeldung:

isp Fachforum 'ichbinwiedu' in Basel


isp-Weiterbildung Sexualität und Behinderung

Im Februar 2012 startet in der Nähe von Hannover eine sexualpädagogische Qualifizierung speziell für MitarbeiterInnen in Einrichtungen der Behindertenhilfe. Diese Weiterbildung wird seit 2002 erfolgreich angeboten.

Weitere Informationen über die Themen der Seminarblöcke, Rahmenbedingungen und eine Möglichkeit zur Online-Anmeldung erhalten Interessierte auf der Homepage des Instituts:

isp-Weiterbildung 'Sexualität und Behinderung'


Fachpublikationen

Im Nachgang einer Fachtagung der Stiftung "Leben pur" im März 2010 ist nun eine Veröffentlichung mit Fachbeiträgen der beteiligten ReferentInnen im Verlag Selbstbestimmtes Leben erschienen: "Leben Pur - Liebe, Nähe, Sexualität bei Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen". Auch von Jürgen Heintzenberg, Projektleiter der Weiterbildung Sexualität und Behinderung, ist ein Beitrag in diesem Band zu finden.

Info und Bestellmöglichkeit des Buches


Die Ausgabe 01-2010 des BZgA-FORUM-Heftes mit dem Schwerpunktthema "Sexualität und Behinderung" ist nun auch in englischer Sprache erschienen. Es kann bei der BZgA kostenlos bestellt werden:

FORUMS-Heft Sexuality and Disability


Das Bundesfamilienministerium legte vor Kurzem eine Studie zu Gewalt gegen Frauen mit Behinderung vor. Mit der Studie "Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Behinderung und Beeinträchtigung in Deutschland" konnten erstmals repräsentative Daten zu Lebenssituation, Belastungen, Diskriminierungen und Gewalterfahrungen von Frauen mit Behinderungen erfasst werden.

Die Kurzfassung der Studie, die erst zu Beginn 2012 vollständig veröffentlicht wird, sowie weiterführende Informationen finden Sie hier:

Kurzfassung Studie 'Frauen mit Behinderungen'[pdf]


Um Mädchen und Frauen mit Behinderung besser zu schützen, hat das Bundesfamilienministerium bereits vor drei Jahren gemeinsam mit dem Verein "Weibernetz" und mit "Mensch zuerst" das Projekt von "Frauenbeauftragten" ins Leben gerufen. Die Frauenbeauftragten haben selbst Behinderungen und haben gelernt, Mitbewohnerinnen oder Kolleginnen in Werkstätten oder Wohnheimen zur Seite zu stehen und ihnen als Ansprechpartnerin zu dienen, wenn diese Gewalt erlebt haben oder fürchten.

Informationen zum Projekt Frauenbeauftragte

(Sexualpädagogische) Jungenarbeit

Handbuch "Jungen und Gesundheit"

Die gesundheitliche Lage von Jungen ist in vielen Bereichen prekär. Gleichwohl wird diese Tatsache fachlich bisher wenig berücksichtigt. Das Handbuch "Jungen und Gesundheit" möchte einen umfassenden Überblick über die Themen der Jungengesundheit aus medizinischer, psychischer und sozialer Perspektive geben.

Herausgeber des Buches sind Bernhard Stier und Reinhard Winter. Das Handbuch enthält auch einen Beitrag von Reiner Wanielik, Dozent des isp, und ist in Kürze im Buchhandel erhältlich.


Was ist dran am Mann?

Die Sendung von Quarks und Co. bietet auf populärwissenschaftliche Weise einen informativen und unterhaltsamen Überblick über den Forschungsstand zum Thema Mannsein und Männlichkeit. Was ist angeboren, was ist gelernt?

Quarks und Co. zum Thema Mann


Seminar "Ganz schön geil - sexualpädagogisches Arbeiten mit Jungen" - Ein Seminarangebot für Männer

Viele Männer, die sexualpädagogisch mit Jungen arbeiten, fühlen sich als Einzelkämpfer. Häufig fehlt es an Austausch mit Kollegen und neue Impulse für die Arbeit sind rar.

Mit einer Mischung aus Eingaben zu aktuellen Jungenarbeitsthemen, beruflichem Erfahrungsaustausch und Selbstreflexion richtet sich das Seminar an erfahrene sexualpädagogische Fachkräfte, die sich eine Reflexion ihrer Praxis und Wissens-Update wünschen sowie an Neueinsteiger in diesem Feld.

Das Seminar unter der Leitung von Reiner Wanielik und Martin Gnielka findet am 8.-10. März 2012 in Frankfurt statt.

Seminar 'Sexualpädagogische Jungenarbeit'

Sexuelle Orientierungen

Initiative "Liebe wie du willst"

Das Jugendbildungswerk der Universitätsstadt Gießen und die pro familia Beratungsstellen Gießen und Marburg wollen offensiv dafür eintreten, dass jeder Mensch sein Grundrecht wahrnehmen kann, seine sexuelle Orientierung zu leben und seine sexuellen Beziehungen frei zu wählen, soweit nicht andere dadurch in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt werden.

Die Projektinitiatoren betonen, dass gerade junge homosexuelle Menschen oft nicht den Mut finden, sich zu outen oder auch nur mit ihrer Unsicherheit über ihre sexuelle Orientierung anderen anzuvertrauen. Sexuelle Selbstfindung brauche aber für alle eine angst- und vorurteilsfreie Atmosphäre. Die Initiative wirbt mit Postern, Plakaten und einer Website für ihre Ziele.

Initiative 'Liebe wie du willst'


Gleichwohl löste die Initiative Unmut in konservativen Kreisen aus. Die Initiatoren einer inzwischen beendeten Online-Petition befürchteten, dass die Aktion „Liebe wie du willst” dazu ermuntere, wichtige Leitlinien über Bord zu werfen, „die sich in der Menschheitsgeschichte als überlebensnotwendig erwiesen haben”.

Bericht des Giessener Anzeigers vom 16.08.2011


Reportage: "Du sollst nicht schwul sein"

"Homosexualität ist Sünde!" Mit dieser Aussage sorgte der Essener Bischof Franz Josef Overbeck 2010 für Aufsehen. Für den Kölner Theologen David Berger ist dieser Satz Ausdruck einer zunehmenden Homophobie in der katholischen Kirche. Der Film "Du sollst nicht schwul sein!" geht den Entwicklungen in der katholischen Kirche nach und wurde am 19. September 2011 im ZDF Infokanal zuerst gezeigt:

Film 'Du sollst nicht schwul sein'


Materialien der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)

"Entscheidung im Unterricht" ist ein integriertes Lernkonzept, welches sich besonders an SchülerInnen der Haupt- und Berufsschulen richtet. Das Unterrichtspaket, bestehend aus dem Lehrerheft und einer DVD ("Problem-Film", "Info-Module" und "Ergebnis-Film"), ist variabel einsetzbar und bietet LehrerInnen die Möglichkeit, das jeweilige Thema in ein bis vier Unterrichtsstunden zu behandeln. Im "Problem-Film" wird das Thema bzw. der Konflikt vorgestellt. Der Protagonist steht vor einer Entscheidung.

In der Folge 01/2011 geht es um ein Coming-out im Klassenzimmer. Der 16-jährige Timo wird seit einiger Zeit von seinen Mitschülern gemobbt, weil er sich als schwul geoutet hat. Er zieht sich immer mehr zurück, weil ihn die täglichen Angriffe seiner ehemaligen Freunde stark verletzen. Er überlegt die Schule ohne Abschluss zu verlassen …

Das Heft mit DVD kann bei der bpb gegen eine kleine Gebühr und Versandkosten bestellt werden. Das Heft steht als pdf-Datei zur Verfügung.

Coming out im Klassenzimmer


Für die Behandlung im Unterricht, aber auch für außerschulische Bildungsarbeit hat die bpb auf ihrer Website in einem "Spezial" vielfältige Informationen und Materialien zum Thema Homosexualität zusammengetragen.

bpb-Spezial: Homosexualität


Schweizer Website "Du bist du: Von Jungs zu Jungs"

Eine neue (kostenlose) Beratungsplattform ist in der Schweiz online gegangen. Hier bieten junge Schwule anderen jungen Männern eine Coming-out-Hilfe an. Das Beraterteam hilft außerdem bei Fragen zu Liebe, Sex, Schwulsein und HIV/Aids. Ausgebildet von Psychologen und Gesundheitsexperten geben die Berater ihre persönlichen Erfahrungen weiter und begleiten junge Männer auf ihrem Weg zum Coming-out.

Website www.du-bist-du.ch

Streit um Sexualkunde in der Schweiz

In der Schweiz kam es in diesem Jahr wiederholt zu kritischen bis polemischen Äußerungen gegenüber sexualpädagogischen Materialien und Konzepten sowie gegenüber den VertreterInnen sexualpädagogischer Fachverbände.

Einen vorläufigen Höhepunkt bildete eine Petition an die kantonalen Erziehungsdirektoren, die sich "Gegen die Sexualisierung der Volksschule" wendet. Hintergrund ist die für die deutschsprachige Schweiz angestrebte Vereinheitlichung schulischer Lehrinhalte ("Lehrplan 21").

Die Petition nimmt Bezug auf ein Grundlagenpapier, welches vom Nationalen Kompetenzzentrum Sexualpädagogik und Schulen an der Pädagogischen Hochschule Zentral-Schweiz PHZ Luzern im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit verfasst wurde.

Grundlagenpapier 'Sexualpädagogik und Schule'

Homepage der Initiative 'Gegen die Sexualisierung der Volksschule'


Wie bei ähnlich gelagerten Kampagnen in Deutschland scheint es den Initiatoren weniger um eine inhaltliche Auseinandersetzung zu gehen, sondern um einen möglichst großen politischen Effekt durch eine öffentlich vorgetragene Skandalisierung.

Wieder unterstellen einige Kritiker, emanzipatorische Sexualpädagogik verfolge vordringlich das Ziel, Kinder und Jugendliche zu sexualisieren. Es gäbe ein Nähe zu Pädophilen und den beständigen Versuch, durch Gender Mainstreaming Geschlechterrollenauflösung und sexuelle (Des-) Orientierungen vorzuschreiben (z.B. formuliert in Willi Villigers Pamphlet Obligatorische sexuelle Befreiung - August 2011).

Verschiedene Stellungnahmen rund um den Konflikt um die Zukunft des sexualkundlichen Unterrichts in der Schweiz finden sich auf den Seiten des Kompetenzzentrums:

Stellungnahmen zu `Sexualpädagogik in der Schule'


Bereits im Frühjahr erregte die in Basel Kindergärten und Schulen zur Verfügung gestellte "Sex-Box" die Gemüter. Die dort enthaltenen Paomi-Modelle und Aufklärungsliteratur für Kinder mit Bildern eines erigierten Penis (Sonja Härdin/Dagmar Geißler: Wo kommst du her?) sorgten für Aufregung.

Im September weigerte sich die Schweizer Post, eine Broschüre der bereits erwähnten Petitionsgruppe mit Bildern aus dem Kinderbuch zu versenden. Sie stufte diese als pornografisch ein! Die Kritiker ließ dies aber nicht am Pornografiebegriff der Schweizer Post zweifeln. Sie sahen es als Bestätigung an, wie gefährlich dieser Bilder für Kinder seien.

20 Minuten Online - Bericht zur Basler 'Sex-Box'

Basellandschaftliche Zeitung zu Post und Pornografie

Neue Medien und Materialien

"EroCards" - sexualpädagogisches Spiel der KjG

Der katholische Jugendverband KjG Rottenburg-Stuttgart hat ein sexualpädagogisches Kartenspiel namens "EroCards" veröffentlicht. Das Spiel besteht aus über 100 farbigen Spielkarten zu den Themen Kirche, Leben, Beziehung und Sex sowie einem Booklet mit ausführlicher Spielanleitung, einem Glossar, einer Liste von Internetlinks und den Kontaktdaten von Beratungsstellen.

Eine Vorstellung des Spiels ist auf youtube zu sehen:
Spielvorstellung auf Youtube

Weiter Infos und Bezugsmöglichkeiten auf der Homepage www.kjg-drache.de


Du bist kein Werwolf

Auf einer eigenen Website sind inzwischen alle bereits ausgestrahlten Sendungen der Pubertätsaufklärungs-Serie "Du bist kein Werwolf" online zu sehen. Seit dem 21. November 2011 werden alle Folgen auch noch einmal im WDR Fernsehen ausgestrahlt.

Infos, auch zu den Inhalten der einzelnen Sendungen, auf der Website:
Startseite der Werwolf-Homepage


In der Rubrik "Selbstversuche" landet man in einer Sequenz der Gesamtsendung und kann sich auch die gesamte Sendung anschauen:

Werwolf - Selbstversuche


BZgA-Befragung zum Verhütungsverhalten Erwachsener

Rund drei Viertel der sexuell aktiven Bevölkerung - Männer in gleichem Maße wie Frauen - wenden aktuell Verhütungsmittel an. Dies ist ein Ergebnis der aktuellen Repräsentativbefragung "Verhütungsverhalten Erwachsener 2011" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Im Rahmen dieser Studie wurden sexuell aktive Frauen und Männer im Alter von 18 bis 49 Jahren zu Fragen rund um Empfängnisverhütung befragt. Die aktuelle Befragung ist im Kern eine Wiederholung der Studien zum Kontrazeptionsverhalten, die 2003 und 2007 im Auftrag der BZgA durchgeführt wurden.

BZgA-Studie Verhütungsverhalten Erwachsener 2011

Zu guter Letzt

Pariser Pariser? Oh ja, in rauen Mengen sogar!

Röhrengänge des Centre Pompidou